Humanistisches Menschenbild

Der Humanismus ist eine Weltanschauung, die schon im 15. und 16. Jahrhundert in Europa besonders weit verbreitet war. Im Mittelpunkt dieser Weltanschauung stand die „Menschlichkeit“, abgeleitet vom lateinischen „humanitas“.

Das humanistische Menschenbild ist ein zentrales Element im systemischen Coaching und bildet die Grundlage unserer Arbeit. Es geht davon aus, dass jeder Mensch einzigartig ist und über ein unverwechselbares Potenzial verfügt.

Im humanistischen Menschenbild steht der Mensch als Ganzes im Mittelpunkt, mit all seinen Gedanken, Gefühlen, Erfahrungen und Beziehungen. Es betont die Würde und den Wert des Individuums und respektiert seine Autonomie und Freiheit.

Der humanistischen Psychotherapie, die sich als Gegenreaktion zur Psychoanalyse und Verhaltenstherapie verstand, liegt das „humanistische Menschenbild“ zugrunde, das die grundsätzlich positive Natur des Menschen betont und den Menschen mit seinen Gaben und Fähigkeiten begreift als

  • ein beziehungsorientiertes Wesen,
  • ein logisch denkendes und eigenständiges Wesen, dass die Welt selbst begreifen kann.
  • ein freiheits- und entscheidungsfähiges Wesen, das traditionelle Kräfte wie Religion oder Herrschaft hinterfragt, und nicht mehr unkritisch übernimmt,
  • ein nach Bildung, nach persönlicher Entfaltung und Weiterentwicklung strebendes Wesen.

Jeder Mensch wird also als fähig betrachtet, sein eigenes Wachstum und seine eigene Entwicklung zu gestalten. Im Coaching bedeutet dies, dass wir unsere Klienten*innen als Experten*innen für ihr eigenes Leben sehen. Wir glauben, dass sie die Fähigkeit und die Ressourcen haben, ihre Probleme zu lösen und ihre Ziele zu erreichen. Unser Ziel ist es, sie dabei zu unterstützen, ihre eigenen Stärken zu erkennen und zu nutzen, ihre Potenziale zu entfalten und ihre individuellen Ziele zu erreichen. Wir begleiten sie auf diesem Weg, bieten Unterstützung und Orientierung, aber letztendlich sind es die Klienten*innen selbst, die ihre eigenen Lösungen finden und umsetzen.

Personenzentrierte Gesprächsführung

Innerhalb der humanistischen Psychologie ist die personenzentrierte Gesprächsführung, auch bekannt als klientenzentrierte Therapie, eine therapeutische Herangehensweise, die von dem Psychologen Carl Rogers entwickelt wurde. Rogers war davon überzeugt, dass Therapie oder Beratung nur dann wirksam ist, wenn die helfende Person sich auf die hilfesuchende Person bezieht und voll und ganz von dieser ausgeht, also personenzentriert vorgeht.

Bei dieser Methode steht die Person (Klient*in) im Mittelpunkt des Gesprächs und der Therapeut/Coach schafft eine unterstützende, nicht-direktive Umgebung, in der die Person sich selbst entdecken, verstehen und wachsen kann. Der Therapeut/Coach zeigt Empathie, Echtheit und bedingungslose Wertschätzung für die Person, um eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Ziel ist es, dass die Person ihre eigenen Ressourcen und Lösungen entdeckt, um ihre Probleme zu bewältigen und persönliches Wachstum zu erreichen. Die personenzentrierte Gesprächsführung betont die Selbstexploration, Selbstakzeptanz und Selbstverwirklichung des Individuums.

Selbstwirksamkeit

Der Grundgedanke der Selbstwirksamkeit stammt aus den 1970er Jahren vom kanadischen Psychologen Albert Bandura.

Unter Selbstwirksamkeitserwartung ist die innere Überzeugung einer Person zu verstehen, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft, durch eigenes Handeln erfolgreich bewältigen zu können. Einfacher gesagt: Selbstwirksamkeit bedeutet, darauf zu vertrauen, eine Handlung erfolgreich ausführen zu können. Selbstwirksamkeit führt also zu einem positiven Bild von sich selbst. Diese positive Einstellung kann dazu beitragen, Motivation, Ausdauer und Resilienz zu stärken, da sie dazu führt, dass man sich Herausforderungen stellt und an ihnen wächst.

Anders bei Menschen, denen es an Selbstwirksamkeit fehlt: sie glauben, dass das Leben nicht durch sie selbst bestimmt wird, sondern durch äußere Umstände oder durch andere Menschen oder durch das Schicksal. Sie erkennen nicht, dass sie mit ihrem eigenen Handeln etwas erreichen oder bewirken können. Dieses kann große Unzufriedenheit oder Scham auslösen, oder große Angst – die Angst zu versagen. Fehlende oder mangelnde Selbstwirksamkeit und fehlender Glaube an sich selbst führen zu einem negativen Bild von sich selbst.

Die Folge ist: Herausforderungen werden oft nicht angenommen, Ziele werden oft nicht erreicht.

Selbstwertgefühl

Das Selbstwertgefühl ist ein zentraler Aspekt unseres Selbstbildes und unserer Identität. Es spiegelt, wie wir uns selbst sehen und wertschätzen, unabhängig von unseren Stärken und Schwächen. Ein gesundes Selbstwertgefühl erlaubt es uns, uns selbst in einem positiven und realistischen Licht zu sehen und uns als wertvoll und liebenswert zu fühlen, so wie wir sind.

Die Entwicklung unseres Selbstwertgefühls beginnt in der Kindheit und wird durch unsere Erfahrungen und Beziehungen geprägt. Positive Erfahrungen, Liebe und Anerkennung stärken unser Selbstwertgefühl, während Kritik, Ablehnung und Misserfolge es untergraben können. Auch gesellschaftliche Einflüsse und Normen können unser Selbstwertgefühl beeinflussen.

Es gibt zwei Arten von Selbstwertgefühl: das globale und das spezifische. Das globale Selbstwertgefühl bezieht sich auf unseren allgemeinen Selbstwert, während das spezifische Selbstwertgefühl sich auf bestimmte Aspekte oder Bereiche unseres Selbst bezieht.

Unser Selbstwertgefühl ist eng mit unserem Selbstbewusstsein verknüpft. Um ein gesundes Selbstwertgefühl zu haben, müssen wir uns unserer selbst bewusst sein und alle Teile unserer Persönlichkeit akzeptieren. Wenn wir Teile von uns selbst ausblenden oder ablehnen, kann das unser Selbstwertgefühl beeinträchtigen.

Obwohl wir unser Selbstwertgefühl als konstante Größe erleben, ist es nicht statisch, sondern veränderbar und situationsabhängig. Auch unsere Erfahrungen und unsere eigene Bewertungen spielen dabei eine wichtige Rolle. Unser Selbstwertgefühl kann auch von unserer Persönlichkeit beeinflusst werden. Obwohl oft angenommen wird, dass extravertierte Menschen ein höheres Selbstwertgefühl haben, können sowohl introvertierte als auch extravertierte Menschen ein hohes oder niedriges Selbstwertgefühl haben.

Ein geringes Selbstwertgefühl kann verschiedene negative Auswirkungen haben. Es kann dazu führen, dass wir ständig nach Anerkennung und Bestätigung suchen, überempfindlich auf Kritik reagieren und uns selbst weniger zutrauen. Es ist daher wichtig, an einem gesunden Selbstwertgefühl zu arbeiten und es zu stärken.

Resilienz

Abstammend von „resilire“ bedeutet der Begriff so viel wie „zurückspringen“ oder „abprallen“. In der Materialkunde bezeichnet er Stoffe, die auch nach extremer Spannung wieder in ihren Ursprungszustand zurückkehren. Übersetzt wird er häufig als „Widerstandsfähigkeit“. Diese Eigenschaft lässt sich so auf die Psyche übertragen.
Resilienz ist eine besondere Kraft der Psyche, Belastungen auszuhalten. Sie ist eine Fähigkeit, die sowohl in den kleinen stressigen Momenten des Alltags hilft, wie auch in den großen Krisen des Lebens. Sie bezieht sich auf die Fähigkeit, mit Herausforderungen, Widrigkeiten und Stress umzugehen und sich davon zu erholen. Es beinhaltet die Fähigkeit, sich anzupassen, flexibel zu sein und trotz schwieriger Situationen weiterhin positiv zu bleiben. Resiliente Menschen können leichter Krisen überwinden, sich selbst motivieren und aus Rückschlägen lernen, um gestärkt daraus hervorzugehen. Es ist eine wichtige Eigenschaft, um mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen.

Reframing

„Reframing“ ist ein Begriff aus der Psychologie. Er leitet sich vom englischen Wort „frame“ (= Rahmen) ab und bedeutet wörtlich, den Dingen einen neuen Rahmen zu geben – so wie man ein Bild in einen anderen Rahmen setzen kann.

Reframing ist in der Psychologie eine Technik, bei der man eine Situation oder ein Problem aus einer anderen Perspektive betrachtet. Es ist ein Prozess des Umdeutens, des Einnehmens einer neuen Perspektive, einer neuen Art der Wahrnehmung, einer neuen Interpretation. Ein Problem bekommt dadurch eine andere Bedeutung.

Wird ein Problem „reframt“, gewinnt man nicht nur eine neue Sichtweise, sondern neue Reaktionen und neues Verhalten werden möglich. Reframing hilft dabei, festgefahrene Denkmuster zu durchbrechen und neue Möglichkeiten zu erkennen. Indem man die Sichtweise ändert, kann man eine positive Einstellung zu einer Herausforderung entwickeln, dadurch neue Lösungsansätze finden und so zu positiven Veränderungen kommen.

Beispiele:

  • Eine Frau arbeitet zu viel. Der Ehemann hat den Eindruck, dass sie sich nicht genug um ihre Familie kümmert und wünscht sich, dass sie mehr Zeit mit ihr verbringt. Die neue Sichtweise: Die Frau liebt die Familie und möchte mehr Geld für sie verdienen.
  • Das zur Hälfte gefüllte Glas kann man optimistisch „halbvoll“ oder pessimistisch „halbleer“ sehen.
  • Die Absage auf den ersehnten Job kann man vielleicht doch akzeptieren, weil man ja jetzt doch nicht umziehen muss.

Dinge aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten, ist immer dann sinnvoll, wenn es gerade nicht weitergeht. Betrachten wir Dinge in einem neuen Zusammenhang, kommen wir der Lösung eines Problems näher. Reframing hilft nicht nur in krisenhaften Lebenssituationen, sondern kann insgesamt zu einer positiveren Einstellung und mehr Zufriedenheit verhelfen.

Die inneren Antreiber

Die inneren Antreiber sind verinnerlichte Verhaltensregeln und Glaubenssätze. Sie entstehen meist schon in der Kindheit, setzen sich in unserem Denken fest und beeinflussen so unbewusst unsere Verhaltensweisen.Geprägt werden sie etwa von den Eltern, Vorbildern oder anderen Bezugspersonen.

Der US-amerikanische Psychologe Taibi Kahler hat herausgefunden (1977), dass bei Menschen folgende fünf Verhaltensgewohnheiten häufig wirksam sind:

  • Mach es allen recht! (z.B.: Typus „Netter, der nicht nein sagen kann“)
  • Streng dich an! (z.B.: Typus „Müßiggang ist aller Laster Anfang“)
  • Sei perfekt! (z.B.: Typus „Perfektionistin.“)
  • Sei stark! (z.B.: Typus „Der Indianer kennt keinen Schmerz“)
  • Beeil dich! (z.B.: Typus „Hektikerin“).

Fast immer werden die aus den inneren Antreibern resultierenden Verhaltensweisen als positiv wahrgenommen. Sie sind im Grunde genommen auch wertvoll und nützlich.

Die Inneren Antreiber können sich allerdings negativ auswirken, wenn sie sehr stark oder übermäßig sind, ganz besonders, wenn man unter Stress steht. Denn dann sprechen die Antreiber besonders stark und rufen dadurch nur weiteren Stress hervor. Der Psychotherapeut Gert Kaluza nennt die Antreiber deshalb auch „persönliche Stressverschärfer“. Es wäre darum wäre wichtig, seine Antreiber zu kennen und an den Stellen dagegen zu arbeiten, wo sie besonders stören.

Insgesamt: Innere Antreiber motivieren uns und prägen unser Denken und Handeln. Sie haben eine Reihe von Vorteilen, im Übermaß aber können sie uns schaden.

Big Five oder OCEAN – Modell

Die Big Five (auch Fünf-Faktoren-Modell, englisch = OCEAN-Model) sind Bestandteile eines Modells der Persönlichkeitspsychologie. Die wissenschaftliche Literatur kommt zu folgenden Beschreibungen der fünf Faktoren:

  • Openness (Offenheit für Erfahrungen, Aufgeschlossenheit = Neigung zur Wissbegierde, Interesse an neuen Erfahrungen)
  • Conscientiousness (Gewissenhaftigkeit = Neigung zur Disziplin, zu hoher Leistungsbereitschaft, zur Perfektion, zur Zuverlässigkeit)
  • Extraversion (Extravertiertheit = Neigung zur Geselligkeit; Gegenteil: Introversion als Neigung zur Zurückhaltung)
  • Agreeableness (Verträglichkeit = Neigung zum Altruismus, zur Rücksichtnahme, zur Kooperation, zur Nachgiebigkeit)
  • Neuroticism (Neurotizismus = Neigung zu emotionaler Labilität, zur Ängstlichkeit,Traurigkeit und Verletzlichkeit)

Diese fünf Faktoren sind das Resultat jahrzehntelanger Persönlichkeitsforschung und gelten als die empirisch mit am besten nachgewiesenen Persönlichkeitsmerkmale. Sie gelten als unabhängige und weitgehend kulturstabile Faktoren.

Die Persönlichkeit jedes Menschen kann mithilfe der Big Five ziemlich genau beschrieben werden. Die Menschen haben auf jedem dieser fünf Faktoren unterschiedliche Ausprägungen – hohe oder niedrige. Für jeden Menschen ergibt sich ein individuelles Profil, das seine Persönlichkeit abbildet.

Das Profil kann durch ein standardisiertes Testverfahren ermittelt werden: Das Testergebnis kommt durch eine Selbstbeschreibung mit Hilfe standardisierter Fragebögen zustande. Beim Test können die Probanden*innen verschiedenen Aussagen über sich selbst entweder zustimmen oder sie ablehnen.